Tier des Monats Juni
26.06.2021Der Flussflohkrebs (Gammarus roeseli) – Das Känguru unter den Krebsen
Weitere Namen: “ Süßwassergammarus“
Ein Großteil der Flohkrebse besiedelt sehr artenreich die marinen Lebensräume. Ca. 30 bis 40 verschiedene Flohkrebsarten besiedeln in Deutschland Seen, Bäche und Flüsse, sind also im Süßwasser anzutreffen.
Der Flussflohkrebs sieht ein wenig wie eine kleine Garnele aus. Der Körper hat eine seitlich zusammengedrückte Form und ist fast halbkreisförmig zum Bauch hin gekrümmt. Im Unterschied zu anderen Gammariden hat dieser Flohkrebs drei auffällig zugespitzte Rückenfortsätze, die im hinteren Rückenabschnitt wie Kiele nach oben ragen. Der maximal 2,2 cm kleine Krebs ist grau- bis gelbbraun gefärbt und kommt vorwiegend in stehenden bzw. langsam fließenden Gewässern mit reichlich pflanzliche Nahrungsangebot vor. Hier nutzt er gern das Lückensystem zwischen größeren Kies- und Steinansammlungen oder auch angeschwemmte Laub- und Holzanhäufungen. Der Flussflohkrebs ist nicht nur sehr mobil, sondern auch bei der Art und Weise seiner Fortbewegung recht flexibel. Die Vorderbeine sind als Schreitbeine ausgebildet mit denen auch schelle Ruderschläge möglich sind. Die letzten 3 Beinpaare werden als Schwimmbeine genutzt, mit denen der Flohkrebs, in der Regel in Seitenlage, über den Gewässergrund schwimmt. Größere Entfernungen legt der sehr gute Schwimmer aufrecht im Freiwasser zurück. Perfekt angepasst an den Lebensraum sind die kleinen Krebse mit leistungsstarken Facettenaugen ausgestattet. Mithilfe von Chemo-Rezeptoren wird die Nahrung aufgespürt.
Auch bei der Ernährung ist der Flussflohkrebs ziemlich flexibel. Als Hobby Häcksler ist er im Gewässer maßgeblich an der Zersetzung pflanzlichen Materials beteiligt. Bevorzugt vertilgt er dabei Laub von Erlen, Pappel oder Weiden sowie Wasserpflanzen und Algenaufwuchs. Ungeeignet sind dagegen die Nadeln von Nadelbäumen oder Eichenlaub. Ein reiner Vegetarier ist er allerdings nicht. Je nach Gelegenheit werden auch kleinere Insektenlarven und Artgenossen oder auch Aas gefressen. Die Tiere wachsen ein Leben lang und häuten sich dabei mehrfach, immer dann, wenn der Chitinpanzer zu eng geworden ist. Daher ist der Bedarf an Calcium sehr groß. Direkt nach der Häutung ist der kleine Krebs besonders gefährdet, da der Chitinpanzer zunächst noch weich ist und noch aushärten muss. Die Krebse stehen vor allem bei Fischen auf der Speisekarte und geben den Forellen aufgrund ihres hohen Gehaltes an Karotinoiden eine schöne Lachsfarbe. Da die Flohkrebse aber sehr flink sind und über Sensoren verfügen, die mechanische Reize aufnehmen haben sie eine gute Chance zu entkommen und sich in geeignete Unterschlupfmöglichkeiten wie Wasserpflanzen, Feinwurzeln und Laubansammlungen zu verstecken. Aquarianer und Teichbesitzer kennen ihn auch als Futter für ihre Zierfische.
Je nach Wassertemperatur und Nahrungsangebot vermehren sich die Flohkrebse bis zu neunmal im Jahr, so dass sich zu jeder Jahreszeit Jungtiere, Alttiere und Pärchen im Gewässer beobachten lassen. Zur Paarung hält sich das größere Männchen auf den Rücken des Weibchens fest. So verbunden schwimmt das Pärchen bis zu mehrere Wochen gemeinsam umher, bis das Weibchen sich häutet und der Panzer damit weich genug ist, um erfolgreich zu kopulieren. Danach trennt sich das Männchen vom Weibchen. Als „Känguru unter den Krebsen“ trägt das Weibchen die befruchteten Eier und Embryonen geschützt in der Bruttasche unter dem Körper, bis diese groß genug ins Wasser entlassen werden. Die Reproduktionsrate ist bei guten Bedingungen recht hoch und von der Nahrungsverfügbarkeit abhängig, sowie von der Zahl der Fressfeinde.
Der Flussflohkrebs ist in unseren Regionen recht verbreitet. Ursprünglich auf dem Balkan beheimatet, hat er hier mittlerweile eine Vielzahl von Gewässern besiedelt. Anspruchsvoll sind die Krebse in Bezug auf die Sauerstoffversorgung, daher gehören sie zu den Zeigerorganismen der Güteklasse II („gut“). Auf Versauerung der Gewässer reagieren sie ziemlich sensibel. Ohne einen ausreichenden Kalkgehalt des Wassers, ist die Ausbildung ihres Chitinpanzers gestört. Als sogenannte „Grundart“ der Flüsse haben sie eine wichtige Funktion in der Nahrungskette aller Fließgewässerorganismen. Pflanzliches Material wird von ihnen optimal zerkleinert und dadurch für andere Organismen nutzbar. Ihr Vorkommen ist damit in unseren Gewässern immer ein positives Zeichen und zeigt eine gewisse Natürlichkeit des Gewässers. Da der Flussflohkrebs sehr mobil ist, werden renaturierte Gewässerabschnitte zügig besiedelt, insofern es im Einzugsgebiet bereits Flussflohkrebse gibt. Eine Besiedlung von isolierten Gewässerabschnitten erfolgt häufig per „Flugticket“ als blinder Passagier im Gefieder von Wasservögeln bzw. an Bootsrümpfen angeheftet.
Und wie schmeckt der kleine Krebs? Da die Tiere so klein sind, wäre es eine ganz schöne „Puhlerei“ bis es für ein „Flussflohkrebs-Brötchen“ reicht.
Und kann der Flussflohkrebs auch beißen? Die menschliche Haut ist für den kleinen Krebs zu fest, also Entwarnung beim Planschen im Gewässer!
Quelle: EG/LV KL-GB, Presse